Seit einem Vierteljahrhundert bewohnen Menschen die Internationale Weltraumstation ISS, einen silbrigen Koloss mit den kupferfarbenen Sonnensegeln, der mit hoher Geschwindigkeit 400 Kilometer über der Erde in seinem Orbit durch die Stille des Alls rast. Viele Menschen fragen sich: Was ist nötig, damit Astronauten und Kosmonauten im Weltall gut miteinander auskommen und perfekt zusammenarbeiten können? Die Antwort ist TEAMARBEIT und diese mehr und mehr zu optimieren wird in heutiger Zeit immer wichtiger – nicht nur im Weltraum.
Seit einem Streik von Weltraumfahrern an Bord der Raumstation „Skylab“ in den 1970er Jahren weiß man, dass nichts die Leistung einer Crew so sehr untergräbt wie unrealistische Arbeitsziele. Und zwar weil dies in Teams den Eindruck entstehen lässt, permanent zu versagen. Tatsächlich strich die NASA-Zentrale in Houston der „Skylab“-Crew damals die freien Tage:, weil die ihren Zeitplan nicht einhalten konnten. Die Mannschaft war daraufhin so frustriert, dass sie streikte. Aber auch permanente Unterforderung bei der Arbeit ist für Teams fatal, denn dabei nimmt die Zahl der Fehler messbar zu.
In seinem Buch „BOLD ENDEAVORS – Lessons from Polar and Space Exploration“ (übersetzt: „MUTIGE UNTERNEHMUNGEN – Lehren aus der Polar- und Weltraumforschung“), das unter Astronaut:innen inzwischen als Pflichtlektüre gilt, beschreibt NASA-Teambuilding-Experte Jack Stuster von Anacapa Sciences, Inc. beispielsweise die Reise des belgischen Entdeckers Adrien de Gerlache, der 1898 mit seiner Crew auf einem um gebauten Robbenfängerschiff in der Antarktis überwintern muss. Das hatte noch niemals zuvor eine Schiffsbesatzung aushalten müssen, doch an einem eisigen Märztag war das Schiff urplötzlich von Packeis eingeschlossen. Von permanenter Dunkelheit umgeben und ständig dem Geräusch knirschenden Eises umgeben, das sich bedrohlich an den Schiffwände reibt, der Langeweile anheim gefallen, ergibt sich die Crew in Apathie. Ein Matrose versucht sogar irrwitzig allein und zu Fuß den Weg nach Belgien zu finden. Aber auch an Bord verstirbt bald das erste Crewmitglied. Die Aufgabe von guten Teambuildern sei es, etwas dagegen zu unternehmen, so Stuster und berichtet weiter, dass der 33-jährige Schiffsarzt eine Art Teamtherapie startete, die laut Jack Stuster viel von dem zeigt, was sowohl im Weltraum als auch auf der Erde funktioniert.
Der Schiffsarzt verordnete der Mannschaft quasi als Medizin ein Sport-Workout außerhalb des festgefrorenen Schiffes, dass er „Die Promenade des Wahnsinns“ nannte und das darin bestand, um das Schiff herumzurennen. Dann zwang er die Mannschaft zu gemeinsamen Mahlzeiten, ob sie dies wollte oder nicht, und veranstaltete einen Wettbewerb, bei dem jedes Crewmitglied Ausrisse von schönen Frauen aus Magazinen vorstellen muss und die schönste Frau gewann. Cook holte die Männer, die zuvor in ihren feuchten Kabinen vor sich hin vegetieren, dadurch zurück in die Gruppe und als nach Monaten die Sonne über ihrem Schiff erstmals wieder aufging, schafft es die Crew, einen Kanal zum offenen Wasser ins Eis zu sägen und nach Europa zurückzukehren.
Viele der Lehren, die Stuster aus unzähligen historischen Expeditionen zog, haben es inzwischen tatsächlich in den methodischen Tagesablauf auf der ISS geschafft. So setzte er durch, dass ein Esstisch an Bord der Raumstation aufgebaut wurde, damit die Mannschaft wenigstens einmal am Tag zusammenkommt, um das Gruppengefühl zu stärken. Gemeinsam essen, gemeinsam Zeit verbringen – auf Stusters Empfehlungslisten für die NASA nimmt dieses Thema ganze acht Punkte ein. Braucht es all das und müssen einige DInge wirklich so teuer sein? Ja, sagt Stuster, allein schon deshalb, weil das nächste Ziel der NASA der Mars sei. Dann werden Crews rund sieben Monate lang allein an Bord eines Weltraumschiffs sein und dafür brauche man Teams, die gut funktionieren. Deshalb sucht ma nheute weltweit als zukünftiger Astronaut nicht mehr den Typus „waghalsiger Testpilot“ sondern wissenschaftlich kompetente kommunikative Teamplayer mit nettem Umgangston und Geduld. Im Optimalfall bestünde die erste menschliche Mars-Crew laut Stuster übrigens aus Ehepaaren ohne Kinder. Nicht nur weil die Partner einander gut kennen, sondern auch weil der Teamexperte es für psychisch riskant hält, Astronauten zum Roten Planeten zu denen, die Tag für Tag jemanden vermissen, der mehr ettliche Millionen Kilometer entfernt sei.
Hinzu kommt, dass man mittlerweile sowohl in Amerika, Europa als auch Asien festgestellt hat, dass reine Männerteams ihr Verhalten ändern, sobald auch nur eine einzige Frau mit im Team ist. Die Männer wuschen sich regelmäßiger und die Arbeitsleistung nahm enorm zu. Erhabe aus Astronautentagebüchern herausgelesen, dass Männer unter sich, wenn sie Stress hätten, leicht in eine Art aggressiven Humor verfallen würden, so Stuster, was Teams leider langfristig erodieren lasse.
Stusters Fazit: Teams auf Langzeitmissionen sollten sich vergegenwärtigen, dass Erfolg und das funktionale Miteinander maßgeblich davon abhängig sei, dass teamintern ein freundlicher Ton vorherrsche. Man müsse mitfühlen, das Wohl der Gruppe im Auge behalten, verlässlich sein und sich selbst zurücknehmen können. Wenn dies gelinge, könnten Menschen miteinander tatsächlich Unglaubliches erreichen, so der Experte.
Nebenbei bemerkt: Ich habe lange gebraucht, bis ich ein Exemplar dieses Buches für mich auftreiben konnte und es gelang mir auch nur aufgrund von Kontakten zur Europäischen Weltraumagentur ESA. Das Werk ist inzwischen weltweit nahezu vergriffen, was aus meiner Sicht für seine Qualität spricht.
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