Ein gerade neu erschienenes Buch von Sabine Hossenfelder unter dem Titel „Mehr als nur Atome. Was die Physik über die Welt und das Leben verrät.“ beschäftigt sich mit „Gott und der Welt“, wie man so schön sagt, sowie dem, was die Erkenntnisse der modernen Physik über unser Leben und den Kosmos verraten. Die Autorin widmet sich darin Kernfragen wie: Existiert die Vergangenheit noch oder die Zukunft schon? /// Wie ist das Universum entstanden? /// Weshalb sind die Naturgesetze so wie sie sind und nicht anders? /// Kann Information aufhören zu existieren? /// Warum werden Lebewesen älter und nicht jünger?
Physiker seien, so meint Hossenfelder, die selbst Physikerin ist, gut darin, schwierige Fragen wissenschaftlich zu beantworten, scheitern jedoch oft daran, zu erklären, warum diese eine essentielle Bedeutung für uns Menschen haben. Deshalb unternimmt sie in ihrem neuen Buch genau das: Sie befasst sich mit den großen Fragen, die die moderne Physik aufwirft, und zeigt, was die Forschung zu diesen Fragen über unsere Existenz verrät. Dabei gesteht die Autorin, dass sie weder ein religiöser Mensch ist, noch an Gott glaubt, noch die Existenz einer „Seele“ im Gehirn für plausibel hält. In einem älteren Interview hatte die Autorin bereits klargestellt, dass im menschlichen Geist entstehende Abläufe wie abstrakte Ideen, Träume, Erinnerunge nichts weiter seien, als das Ergebnis elektrischer Impulse als Wechselwirkungen elementarer Teilchen. Was dazu führt, dass ihre Toleranz gegenüber „dem göttlichen Wesen“ Grenzen hat.
„Mehr als nur Atome. Was die Physik über die Welt und das Leben verrät.“ ist gleichwohl ein ebenso anregendes wie unterhaltsames Buch voller Denkanstöße, das anschaulich in die Welt kleinster Teilchen und überraschender Zusammenhänge einführt. Hierbei weist Hossenfelder zudem selbstkritisch darauf hin, dass sich manche Physiker ihre Theorien zum Ursprung des Universums wohl nur ausdenken, da sie sich allgemein schlecht Überprüfen lassen würden. Dadurch seinen einige dieser kosmologischen Modelle kaum noch von religiösen Geschichten über den Anfang von allem zu unterscheiden.
Als ein Beispiel führt sie populäre Modelle eines zyklischen Universums an. Nach dieser Theorie dehnt sich der Kosmos aus und zieht sich schließlich wieder zusammen, sozusagen von einem Urknall zum nächsten. Für die Autorin ein No-Go, da in diesem Zusammenhang Wissenschaftskollegen sogar Aussagen über die Zeit vor dem Urknall populär machen würden, die niemals bestätigt oder widerlegt werden könnten, reine Gedankenspiele seien. Im Nachrichtenmagazin SPIEGEL resümierte Sabine Hossenfelder deshalb vor Kurzem bitter, dass solche Fahrlässigkeiten dazu führen würden, dass die Menschheit am Ende Wissenschaftlern gar nichts mehr glauben würden – auch nicht gut begründete Vorhersagen zur globalen Erwärmung.
Zurück zum Buch. In ihm widmet sich die gebürtige Hessin auch der Frage, ob und wie der Kosmos einen Zweck erfüllt. Natürlich dürfe man es auffällig finden, dass im Laufe von Jahrmilliarden im Universum immer komplexere Strukturen entstanden sind bis hin zu Lebewesen und Menschen – zumindest auf der Erde. Gesichert sei, so die theoretische Physikerin, dass das Universum vor knapp 14 Mrd. Jahren angefangen hat. Aber über die Geburt des Universums oder ob es einen Urknall gab, könne man nichts verbimdliches aussagen, so Hossenfelder. Man wisse einzig, das sich das Universum mit großer Geschwindigkeit ausdehne und sie gehe davon aus, dass dies bis in alle Ewigkeit immer weitergehen wird.
Da sich aber dadurch die vorhandene Energie immer gleichmäßiger verteilen werde, bleibe am Ende wohl nur noch eine gleichförmige Ödnis übrig. – Eine ebenso spannende wie bedrückende Erkenntnis: nüchtern, sachlich, wertfrei. Auch deshalb halte ich Sabine Hossenfelders Buch für absolut lesenwert.
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