Joseph Campbell: Der Heros in tausend Gestalten

Der Heldenmythos hat sich im Laufe der menschlichen Evolution in unsere Seelen eingeschrieben. Wir wollen unserem profanen Alltag entfliehen und uns in eine Welt voller Magie und Abenteuer träumen. Deshalb verlieben uns im Laufe unseres Lebens in verschiedenste Leute, erklimmen Berge, kämpfen in Kriegen, nehmen an Feiern teil und werden von unfassbarem Horror erschreckt. All das bereichert unser Leben, hilft uns dabei zu werden, wer wir sind. Und wenn wir nicht persönlich zu einem Helden werden können, dann suchen wir In der Fantasy-Welt nach jemandem, der das Böse für uns bekämpft.

Es muss jemand sein, mit dem wir leiden, lachen und die Welt erobern können. Dieser Jemand belegt, dass wenn wir uns nur selbst treu bleiben, am Ende durch Gott oder andere höhere Mächte mit einem Preis belohnt werden. Sei es die Prinzessin, ein Königreich, der Kelch zur ewigen Glückseligkeit oder nichts Geringerem, als der Gewissheit, die Welt von allem Übel befreit zu haben. Vor allem sollte aber „unser“ Held dadurch sympathisch sein (und damit auch sehr leicht mit uns sebst zu identifizieren), dass er oder die Herorin ein ganz normaler Mensch in einer ganz normalen Lebenssituation ist. Archetypisch ist, dass Held oder Heldin erst ganz allmählich merken, dass entweder mit ihnen selbst oder mit der Umwelt irgend etwas nicht stimmt. Dann erkennen sich die Leser, Zuschauer oder Zuhörer in dem einen oder anderen Helden wieder.

Das Buch „Der Heros in tausend Gestalten“ von Joseph Campbell zeigt auf, dass antike Mythen, Sagen, Legenden, Märchen bis hin zu aktuellen Science-Fiction- und Fantasy-Romanen immer dem gleichen Muster folgen und neben ihrem archetypischen Charakter des Otto Normalo Durchschnittstypen oft eine weitere Gemeinsamkeit haben: Sie müssen alle prinzipiell dieselbe Geschichte durchleben. Der Alltag wird jäh durchbrochen, als man ihn auffordert sich auf ein Abenteuer zu begeben. Zuerst mit Widerwillen, dann jedoch, meistens nach dem Treffen mit einen Mentor, der ein paar praktische Tipps auf Lager hat, sind Held oder Heldin bereit, den Übergang in eine völlig neue, andere Welt zu wagen. Im Laufe ihrer Mission liegen andauernd irgendwelche Steine im Weg, die sie, obwohl im Grunde unüberwindbar, trotzdem irgendwie umschiffen oder aus dem Weg räumen müssen. Ganz wie im richtigen Leben auch, denn unsere täglichen Felsbrocken, die uns vom Schicksal in den Weg gelegt wurden, die wollen wir überwinden, obwohl sie uns ziemliche Pein bereitenmachen. „Unser“ Held jedoch, der findet Verbündete gegen siene Feinde, begegnet seinen schlimmsten Ängsten und wird nach großen Entbehrungen und Qualen am Ende für seine Mühen belohnt und kann wieder nach Hause zurückkehren. Finale Botschaft: Nach seinem bestandenen Abenteuer werden Held oder Heldin nie wieder so sein wie vor dem Heldenabenteuer.

Lange gab es ausschließlich männliche Helden, während man Frauen eher der Wunsch nach starken Alpha-Männern andichtete, die allenfalls als Prinzessinen, die errettet werden mussten, agieren durften. Wie es dazu kam, dass es inzwischen auch Frauen in den Helden-Olymp geschafft haben und weshalb es auch sympathische Anti-Helden geben muss, beschreibt Campbell in diesem Buch und zeigt das universelle Motiv auf, das allen Abenteuern zu Grunde liegt und sich durch sämtliche mythische Traditionen der Welt zieht. Durch umfassende Vergleiche und tiefenpsychologische Deutungen bringt der Autor die Eigenheiten, die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede dieser zeitlosen Symbole ans Licht. „Der Heros in tausend Gestalten“ ist heutzutage sozusagen DAS Standardwerk der Mythenforschung – ein Handbuch über die Heldenfiuren in der Menschheitsgeschichte – egal ob sie nun Odysseus, Arthur, Cäsar, Siegfried, Buddha, Superman oder Luke Skywalker heißen – und deren Bedeutung. All das bringt letztlich selbst dem interessierten Laien die Geschichte des Heros verständlich nahe.

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