Douglas R. Hofstadter: „Gödel Escher Bach (ein Endloses Geflochtenes Band)“

Bevor ich Douglas R. Hofstadters Buch – ein Wälzer mit fast 850 Seiten Umfang – Ende der 1980er Jahre in die Hände bekam, hatte ich von Kurt Gödel gehört, war von den Werken Maurits Cornelis Eschers fasziniert und in bedingungsloser Liebe der Musik von Johann Sebastian Bach verfallen. Danach war mir klar: Dies ist eines der verblüffendsten und erhellendsten Bücher, das ich je gelesen hatte. Nicht ohne Dank an den Autor darf ich sagen, dass mein späteres Live-Worte-und-Musik-Programm „IMAGINE. – Alles in Allem“ allein auf den Eindruck zurückzuführen ist, den Hofstadters Werk bei mir hinterließ.

„Gödel Escher Bach (ein Endloses Geflochtenes Band)“, im Original: „An Eternal Golden Band“), ist eines der ungewöhnlichsten Bücher der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, noch dazu verfasst von einem bis zur Veröffentlichung 1979 nahezu unbekannter Autor. Es revolutionierte in gewisser Weise das Denken vieler Menschen und wurde quasi über Nacht zum Kultbuch und Bestseller. Der New Yorker Physiker Douglas R. Hofstadter, Jahrgang 1945, promovierte 1975 und hatte danach verschiedene Gastprofessuren in den USA, aber auch z. B. an der Regensburger Universität. Nach dem Erfolg von „G E B“ und der Auszeichnung mit dem Pulitzer-Preis „General Non-Fiction“ (= Sachbuch), lehrte er u. a. als Professor für „Cognitive Science“ an der Universität Michigan und gehört auch heute immer noch zu den führenden Köpfen der Kognitionswissenschaften.

In „G E B“ verknüpfte Hofstadter die Logik hinter Bachschen Kompositionen mit den Endlos-Bildern Eschers und den ebenso berühmten wie berüchtigten „Unvollständigkeitssätzen“ Gödels und er machte dies auf ungewöhniche Art. Beispielsweise treten bei ihm Achilles und eine Schildkröte auf, die er mit Lewis Carrolls Phantasiewelten mischt, um der Frage nachzugehen: Wie konnten wir als mit Selbst-BEWUSSTSEIN beseelte Säugetiere aus einer sich ihrer Existenz nicht bewussten, unbeseelten Materie entstehen? Oder: Was hat man davon zu halten, dass Epimenides von Kreta behauptete: „Alle Kreter lügen.“ Wenn er die Wahrheit spricht, so lügt er und hat mit seiner Aussage recht, die aber dann als Wahrheit anzusehen ist. Kurzum: gar nicht so selten bleiben unsere Gehirne beim Denken in einer seltsamen Schleife hängen.

Hofstadter führt seine Leserschaft in Denkwege ein, die diese ohne ihn wohl gar nicht „gegangen“ wären. Wie zum Beispiel hin zu Kurt Gödel. Der besaß einen brillanten Geist und entwickelte die mathematische Umsetzung des antiken Lügenparadoxons: Sein erster Unvollständigkeitssatz besagt, dass es in allen (hinreichend starken widerspruchsfreien) Systemen unbeweisbare Aussagen gibt. Als Umkehrschluss beinhaltet sein zweiter Unvollständigkeitssatz, dass (hinreichend starke widerspruchsfreie) Systeme ihre eigene Widerspruchsfreiheit nicht beweisen können. Damit erschütterte er das Selbstverständnis der Mathematik ebenso, wie es Einstein zuvor in der Physik fertigbrachte. Hofstadter geht sogar soweit, dass er diese Schleifen in Eschers seltsam-paradoxen Visualisierungen nachweist und zugleich die raffinierten Modulationen in Bachs Kompositionsstrukturen auf diese Schleifen zurückführt.

Aus diesen drei Bereichen stellt er ein monumentales Gedanken-Mosaik her, das der Leserschaft einen virtuosen Blick auf die Welt und das Weltall unter dem Blickwinkel mathematischer Logik eröffnet. In Kapitel XIX entwickelt er gar einen „AI-Kanon“ für Künstliche Intelligenz und dies aus Sicht der Jahre 1978/79.

Absolut lesenswert!

In diesem Sinne Ihr Rainer W. Sauer

Hinweis: Ursprünglich veröffentlicht am 21. Oktober 2022 auf dem VE.RA Blog!

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